Noch Platz im Boot Teil 3
In den letzten Tagen beschäftigen mich einige Kernaussagen der Gnosis, die sich in großem Umfang in den christlichen Glauben weitervererbt haben. Insbesondere die Auffassung, das irdische Leben sei allenfalls eine Vorstufe, Täuschung, Bestrafung, böse Verzauberung, die es zu überwinden gilt. Nicht aus eigener Kraft, dazu ist der Mensch zu schwach oder zu schlecht. Wir brauchen die Hilfe von Rettern und Erlösern, um dem irdischen Elend zu entkommen. Das eigentliche Leben kommt dann erst danach, in einem himmlischen Jenseits. Nach dem Wegsterben der leiblichen Hülle. So beginnt das wirkliche, erstrebenswerte Leben erst nach dem Tode.
Das mag so sein. Vielleicht aber auch nicht. Vor allem aber erklärt diese Sicht die Geringschätzung des Lebens. Vor allem aber erklärt diese Sicht, die unglaubliche Passivität, unser Leben lebenswerter oder ganz einfach „schöner“ zu machen. Und das ist ein beklagenswertes Merkmal unserer Kultur. Dabei vergessen wir, dass wir alle eine entscheidende Gemeinsamkeit haben: unser Leben wird unausweichlich enden.
Heute Morgen dachte ich noch einmal, wie klar die, aus dieser Erkenntnis resultierenden Schlussfolgerungen, vor unser aller Augen liegen. Vor dem Wissen um die Endlichkeit dieses Lebens sollten wir alles dafür tun, die Zeit gut* zu gestalten. Aber das gilt auch für meine Mitmenschen, alles sollten wir auch alles tun, damit deren Leben „gut“ ist. Und natürlich wissen meine Mitmenschen auch um diesen Sachverhalt und tun alles dafür, dass auch mein Leben „gut“ verläuft. Dazu brauchen wir keine Religionen, Philosophien, keinen Ethikrat und keine Götter. Wir müssen es einfach nur tun. Wir müssen uns nur daran erinnern.
Vielleicht mögt ihr über den Gedanken meditieren. Im übrigen wäre eine solche Haltung auch in Hinsicht auf eine mögliche Wiederverkörperung oder ein göttliches Gericht oder die Wiedervereinigung eines Lichtwesens nützlich.
*“gut“ verstanden im umfassenden Sinne