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Eugenik und Transhumanismus II: eine Predigt

 

Vor dem Hintergrund der Prädestinations -und Gnadenlehre sowie der Erbschuld habe ich meine These entwickelt, wie es unter diesen Dogmen zu einem, von Schuld und Minderwertigkeitsgefühlen einerseits und extremen kompensatorischen Erwähltheitsphantasien andererseits als zentralen Elementen geprägtem, christlichen Kulturkreis gekommen ist.

Bis zum Zeitpunkt von „Gottes Tod“*, den Nietzsche postulierte, gab es immer noch das Aufgehobensein in einer göttlichen Ordnung. Ganz konkret: wenn einer eine krumme Nase hatte, dann war er so von Gott erschaffen worden. Wenn jemand krank wurde, war die Krankheit von Gott geschickt worden etc. Und aus dieser Perspektive konnten die Menschen ihren Frieden machen mit ihrem Schicksal. Es besteht kein Zweifel: Leider ist dies von der Priesterklasse und den mit ihnen zusammenhängenden Eliten für ihre Machtinteressen benutzt worden.

Ab der Zeit Descartes wurde der Mensch immer mehr aus der „alten“ Ordnung heraus und in zunehmende Isolation getrieben. Der Mensch erlebte sich nicht mehr als ein ordnungsgebundenes Geschöpf, sondern musste zunehmend erleben, gemäß den sich turbulent entfaltenden „Strickmustern“ wissenschaftlicher Entdeckungen und Notwendigkeiten immer wieder verändert zu werden. Substanz, verstanden als primäre Ebene der Erscheinung wird als solche entwertet und damit aufgerissen für dauernde Umbewertung nach Gusto der Eliten.

An die Stelle der Gebote Gottes traten nach je geltendem Narrativ staatlich verordnete Regelungen.

Der Mensch verlor die Würde des eigenen Schicksals. Stattdessen wurde er Erscheinung der Regeln und Interessen der wechselnden Eliten: die Programme des Transhumanismus erscheinen so folgerichtig.

Der Mensch mit einem Dasein wurde zu einer Verfügungsmasse, zu Menschenmaterial.

Und war das vor dem Hintergrund der kulturell verankerten Mangelhaftigkeit nicht eigentlich nur konsequent, womöglich sogar besser?

 

Der Mensch verlor seinen immanenten Wert und wurde zum stets bedürftigen und nie genügendem Empfänger beigemessener Werte, von Werten die naturgemäß genauso leicht reduziert werden können, wie durch Lob und Brauchbarkeitsnachweis erhöht werden konnte.

Der Mensch ohne Wert ist auch ohne Würde, ohne Verantwortung für seine Antwort auf die Frage nach sich selbst. Diese Selbst existiert nicht mehr und deshalb eröffnet sich der Weg für die kranken Angebote des Transhumanismus. Ein Mensch mit dem Wissen um die Sphäre seiner selbst würde niemals auf die Änderungsangebote eingehen, denn er weiß ja, dass Wert und Würde seiner Existenz genau darin liegen, zu sein wer er ist.

Ein Mensch kann nur werden, wer er ist. Dieses Wissen liegt „vor“ der Frage nach ihm und enthüllt sich im erkennenden Annehmen der Antworten und nicht im „Umprogrammieren“ oder gar Ausmerzen ungewünschter Persönlichkeitsanteile.

 

Zuletzt führte dies zu der im „Westen“ grassierenden „Enhancement**-Ideologie“: jeder möge sich in eine optimierte Version seiner selbst verwandeln oder sollte dies vom Fachmann vornehmen lassen. Und das heißt selbstverständlich nicht, womöglich die eigene Gestalt zu entfalten, sondern eine verbesserte Version muss den Maßgaben, Bauplänen der Narrative der Eliten folgen: von der Reduktion der Anzahl der Rippen für die schlanke Taille, über die Korrektur von allerlei optisch fragwürdigen Körperteilen, über die Geschlechts(teil)umwandlung bis hin zum Austausch des ständig inkompetenten eigenen Hirns durch Computerteile.

 

Im Rahmen der kapitalistischen Wirtschaftsordnung soll das „enhancement“ zu einem andauernden Veränderungsprozess führen, der permanent das Geld der Verbesserungswürdigen in die Kassen spült. Dabei wird der Mensch seines inneren Ortes beraubt, er verliert seine Gestalt. Verstümmelt an Körper, Geist und Seele und wird zu einem orientierungslos umhertaumelnden Zombie, der bloß noch als Schatten im Kalkül zunehmend  psychotischer agierender „Eliten“ im Vollzug derer Wahnideen aufscheint.

 

Das soll uns nicht geschehen.

 

 

 

*Gott starb nach langem Siechtum seit Descartes Erschaffung des neuzeitlichen Homunkulus des sich im Erkennen des eigenen Denkens selbst begründenden Menschen und der Freisetzung der Wissenschaften

 

**eigentlich self-enhancement s. https://en.wikipedia.org/wiki/Self-enhancement